25|2|13 - And the Award goes to...
Julia! Ich habe nämlich den Jackpot geknackt mit meinem Arbeitsplatz. Alle falsche Bescheidenheit beiseite lassend muss ich bekennen: Niemals wieder werde ich - oder Ihr - an einer derartig traumhaften Location arbeiten dürfen *-* heute Morgen bin ich extra früh aufgebrochen, um bei etwas humaneren Temperaturen (ohne Handschuhe erträglich, es ist ein Wunder!) noch um den Tower of London zu spazieren und die Tower Bridge aus jeder ersichtlichen Richtung abzulichten.


Dann mein Praktikumsort an sich, wunderschön gelegen zwischen innerstädtischem Yachthafen und der Themse, ein Traum aus Glas und moderner Architektur, so imposant, dass du ohne Besucherausweis nicht über die Lobby hinaus oder aus dem Gebäude herauskommst <3 Wir haben mit den insgesamt 300 (!) Mitarbeitern eine sterbend schöne Etage für uns allein, die die Themse überblickt und von der aus man tagsüber bis zum Shard Tower schauen kann; abends leuchten dann alle Lichter der Stadt - man müsste es malen dürfen.
Meine Kollegen sind allesamt ziemliche junge, passionierte Leute, die netter nicht sein können und bereitwillig mein Gastgeschenk (einen Fotokalender mit Heidelberger Panoramen) aufgehangen haben. Von meinem eigenen Schreibtisch aus kann ich den Fluss beobachten. Zunächst hab ich dann erst mal meine eigene offizielle Geschäftsmailadresse erhalten, mich durch das Intranetz gearbeitet und anschließend ein paar Lernprogramme einer tollen Software absolviert, die einem wirklich alles über Demenz, Datenschutz, Computerarbeit und den Rest der Welt lehrt. Sowas bräuchten wir mal an der Uni Oô Dann noch etwas Papierkram und Input zu Kostenerstattungen (ziemlich viel!) und Arbeitszeiten (ziemlich wenig!). Außerdem hab ich per Mail (denn obwohl wir nur einen Meter voneinander getrennt sitzen, regeln wir ALLES per Mail, inklusive Floskeln und Höflichkeiten) Termine mit meinen Mitarbeitern vereinbart, damit sie mir alle persönlich was über ihre Arbeit erzählen können... hab mich auch in das Therapieprojekt eingelesen, das ich beurteilen soll. Und da ich ihnen zu schnell arbeite und sie für die letzten 90 Minuten keine Arbeit mehr für mich hatten, haben sie mir ihre Bibliothek gezeigt und mich aufgefordert, in der übrigen Zeit nach Herzenslaune zu lesen und dabei den Blick aus der Glaswand auf den Fluss zu genießen. Ist das Luxus, oder was? Ich hätte das mir empfohlene Buch - Still Alice, lesenswert!!! - sogar mit heimnehmen dürfen. Ich liebe das Leben.

Lunch hatten wir heute gemeinsam, wir haben uns in einem nahe gelegenen Edel-Supermarkt eingedeckt und ihn in der Lunch Area zusammen verputzt, während wir über Big Bang Theory und britische Musiker plauderten. Der Oscar für die merkwürdigsten Essgewohnheiten geht eindeutig an die Briten: Ob Walkers Chips auf dem Sandwich oder eine vegetarische Eigenkreation aus Soja-Brot mit Zwiebel-Humus, Soja-Ersatzfleisch, große Brocken Hartkäse und mindestens 10 Zentimeter Salatmix ... faszinierender als jede TV-Show. Ich bin jetzt schon überzeugt, dass ich es jederzeit wieder tun würde.

Erwartet hätte ich ja, dass ich mit der Einsicht "Auch zwischen 7+ Millionen Menschen kann man sich einsam fühlen" heimkehren würde. Für mich gilt irgendwie das Gegenteil; das Gedränge in der Tube und der dichte Verkehr fühlen sich an wie Wasser für einen Fisch, der bisher auf dem Trockenen gelebt hat. Morgens mir unbekannte Sprachen und Zeitungsknistern zu hören oder über die Schulter der Mitreisenden die heutigen Schlagzeilen oder in einem Roman zu lesen, veranlassen mich dazu, dann schon darüber nachzudenken, was ich abends schreiben werde. Auch, wenn das hier keiner liest/lesen würde, macht es mich schon happy, nur für mich selbst alles festzuhalten. Ich hoffe, Ihr habt in Eurem Leben auch sowas, oder dass Ihr es findet :)