6|4|13 - Macbeth & McAvoy!!!
Geschafft - ENDLICH eine dieser raren Karten für McAvoys Macbeth bekommen. Musste ja auch nur vier Mal anstehen und bin heute nach 3 Stunden Schlaf um 4 Uhr früh aus dem Bett getaumelt. Natürlich hatte ich dabei stets den Gedanken "Wow, wenn dieses Stück nicht ein Mittel gegen AIDS findet oder den Weltfrieden bewegt, ist es die Folter nicht wert". Was kann ich sagen? Ich glaube, heute haben wir wohl AIDS geheilt.
In der Schlange, in der ich 4 Stunden gewartet habe, habe ich ein kanadisches Mädchen kennengelernt und wir haben uns prompt gegenseitig ins Herz geschlossen, nebeneinander im Theater gesessen, vorher und nachher in der Stadt rumgehangen und Nummern sowie FB-Details getauscht. Wenn meine Zeit nicht langsam ablaufen würde, würden wir sicherlich gute Freundinnen werden (denn wir teilen eine Vorliebe für Fantasy-Bücher, Superhelden und haben im Theater zusammen Muffins und Chips vernichtet). Das war das Warten schon mal wert!
Dann das Stück an sich... in der 5. Reihe und mitunter nur 2 m vom Geschehen entfernt habe ich die beeindruckendste Theatererfahrung meines Lebens gemacht - inklusive Weimarer Nationaltheather und Globe Theatre. Macbeth war so roh und eindrucksvoll, man merkte einfach, dass es um Leben und Tod ging. Normalerweise HASSE ich moderne Inszenierungen ohne echtes Bühnenbild, und objektiv betrachtet könnte die Beschreibung des Stückes nicht grausiger klingen: Die Hexen trugen Gasmasken, alle Schauspieler waren gekleidet wie obdachlose Untergrundrebellen mit Hipster-Einfluss und von der Decke regnete es Kunstblut auf die Sterbenden. Mordbeauftragte kleiden sich in Clowns-,Schweins- und anderen Masken, sodass man sich an den Joker und The Strangers erinnert fühlte. Flackernde Lichter und sphärische Klänge markierten die Übergänge zwischen Szenen, der Boden erlitt Kontakt mit Blut, Speichel, Wasser, Bier, Essen und McAvoys fiktivem Mageninhalt. An einer Stelle öffnete sich ein Garagentor zur Londoner Stadt hin und die Armee stürmte hinein. Es wurde erstochen, erwürgt und geköpft, man nutzte Maschinengewehre, Äxte, Schwerter, Säbel, Dolche, Kettensägen... Am Ende hatte das Ensemble den Bühnenbereich unfreiwillig mit unzähligen blutroten Schuh- und Handabdrücken versehen. Es war glorreich.
Unglaubliche Kampfszenen, beeindruckende Tode, eine komplett Angst- (und scheinbar auch Schmerz-)freie Besetzung... James lief auf Tischen, fiel kopfüber in Löcher und sprang von Leitern - selbst ich als vorheriger Nicht-Fan hatte Gänsehaut, wenn er komplett verrückt wurde und einen dann beim Sprechen direkt in die Augen sah. Wie er täglich (manchmal sogar zweimal) diese irre körperliche, schauspielerische und sprachliche Höchstleistung darbietet, ist mir unerklärlich - das gilt für alle Beteiligten. Oft genug sah ich ungeweinte Tränen in den Augen der Schauspieler und hätte selbst fast angefangen, als Macduff den Tod seiner Kinder beklagte. Ich saß erschrocken und mit offenen Mund direkt am Geschehen und wusste nach einer Minute, dass für den Rest meines Lebens keine andere Macbeth- (und womöglich generelle Shakespeare)Adaptation da jemals wird mithalten können. Wenn man mal davon absieht, dass man den schottischen Akzent nicht immer durchblickt ...
Wahnsinn. Dafür würd ich nochmal morgens um 6 auf Londons Straßen kampieren.
bibliophelia am 06. April 13
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3 Kommentare
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Es freut mich sehr für Sie, dass Ihre Mühe belohnt wurde. Und ich beneide Sie glühend darum, dass Sie James McAvoy auf der Bühne sehen durften. Er ist ein großartiger Schauspieler, genau wie seine Frau Anne-Marie Duff.
Danke, es hat sich so viel mehr gelohnt, als ich erwartet hatte. Ich hielt es für ein völlig überhyptes Stück, das über den Starfaktor hinaus nichts taugt und wurde vollkommen von der Erfahrung geplättet.
Vor sieben Jahren spielte James McAvoy schon einma Macbeth in der BBC-Serie
Shakespeare Retold. Ich fand ihn da schon großartig - er selbst sieht es heute eher kritisch.